Das leise Geschenk meines Großvaters
- Michelle

- vor 2 Tagen
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Heute ist der 02.12.2025 Ein Tag nach dem Tod meines Opas.
Gestern habe ich lange darüber nachgedacht, was sein Geschenk an mich sein könnte – denn ich glaube fest daran, dass jeder Ahne, der seinen physischen Körper verlässt, etwas für die Hinterbliebenen hinterlässt.
Und plötzlich ploppte in mir ein Gefühl auf. Ein Gefühl von Frieden.
Ich fühlte mich ruhig, geerdet und demütig für mein Leben.
Dankbar. In völliger Ruhe mit meinem jetzigen Zustand.

Ich bin ein Mensch – oder eine Seele, vermutlich beides – die für Verbindungen lebt.
Verbindungen sind mein Treibstoff in diesem Leben.
Ich liebe es, Menschen wirklich zu begegnen, ihre Komplexität zu fühlen und mit ihnen zu sein.
Egal in welchem Lebensbereich. Das schätze ich sehr.
In den letzten Jahren durfte ich vor allem eines lernen:
in Verbindung zu kommen mit mir selbst.
Es klingt paradox, weil man ja denkt, man sei der Mensch, mit dem man immer zusammen ist – und doch stimmt das nicht ganz.
Wir sind alle erstaunlich gut darin, uns von uns selbst zu entfernen.
So weit, dass wir irgendwann nicht mehr wissen, wer wir eigentlich sind.

Doch was wäre, wenn das kein Mangel ist?
Wenn es in Wahrheit ein Geschenk ist?
Ein Geschenk, sich selbst neu zu begegnen.
Sich wiederzuentdecken – fernab von alten Überzeugungen, alten Geschichten und all den Limitierungen, die uns über die Jahre so selbstverständlich erscheinen.
Vielleicht ist es eines der größten Geschenke des Lebens, dass wir jeden Tag neu wählen können, wer wir sein wollen.
Oder vielleicht müssen wir gar nicht „wählen“.
Vielleicht geht es einzig darum, jeden Tag zu entscheiden, wie mutig ich heute bin, mich der Welt in meinem ganzen Sein zu zeigen. In meiner Essenz.
Mit allem, was mich ausmacht – Licht und Schatten.
Mit meiner vollkommenen Unperfektheit.
Was ich in den letzten Tagen spüren durfte, ist so viel größer als all das, wonach ein Teil von mir mein Leben lang gejagt hat.
Es ist das Gefühl von Vollkommenheit.
Von Ankommen – in mir.
Dieses Gefühl ist noch zart, noch so schützenswert, dass ich mich fragte, ob ich es überhaupt schon mit euch teilen kann.
Doch ich glaube, dass viele von euch genau das kennen:
Dieses Jagen, Hoffen, Beten.
Dieses Sich-abhängig-Machen von einem zukünftigen Zustand, weil wir glauben, erst dann vollständig zu sein. Erst dann angekommen.

Doch wie fühlt es sich an, wenn du dir – nur für einen Moment – erlaubst zu denken, dass du jetzt schon angekommen bist?
Nicht starr, nicht als Ende einer Bewegung. Sondern angekommen im Fluss des Lebens.
Mit jeder Strömung, jedem Wellenbruch, jedem Moment der Ruhe.
Einfach angekommen – und vollkommen, weil du tief in dir verwurzelt bist.
Weil du verstanden hast, dass du längst vollständig bist.
Dass du gut genug bist.
Völlig perfekt für dieses wunderschöne Mandala, das sich Leben nennt.
Vielleicht ist das das Geschenk meines Großvaters: Weisheit, die ich mit euch teilen darf.
Ein Stück Frieden. Demut. Und das Bewusstsein, dass das Leben so viel größer ist als die Geschichten, die wir uns täglich erzählen.
In Liebe, Michelle



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